Das Wahlrecht von Deutschen im Ausland

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 07. Juli 2012 im wesentlichen § 12 Absatz 2 Satz 1 des Bundeswahlgesetzes mit Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes als unvereinbar und nichtig erklärt. § 12 Absatz 2 Satz 1 lautete wie folgt:

(2) Wahlberechtigt sind bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen auch diejenigen Deutschen im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes, die am Wahltag außerhalb der Bundesrepublik Deutschland leben, sofern sie nach dem 23. Mai 1949 und vor ihrem Fortzug mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innegehabt oder sich sonst gewöhnlich aufgehalten haben.

Zur Begründung führt das Bundesverfassungsgericht aus: “Die Allgemeinheit der Wahl sichert, wie die Gleichheit der Wahl, die vom Demokratieprinzip vorausgesetzte Egalität der Staatsbürger. Die Gleichbehandlung aller Staatsbürger bezüglich der Fähigkeit, zu wählen und gewählt zu werden, ist eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung. Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verbürgt die aktive und passive Wahlberechtigung aller Staatsbürger. Er ist – nicht anders als der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit – im Sinne einer strengen und formalen Gleichheit bei der Zulassung zur Wahl des Deutschen Bundestages zu verstehen.”

Zwar hat der Gesetzgeber grundsätzlich die Möglichkeit, Differenzierungen vorzunehmen sofern rechtspolitische und zweckmäßige Erwägungen vorgenommen worden sind. Das Bundesverfassungsgericht kommt hier zu dem Ergebnis, dass § 12 Abs. 2 Satz 1 BWG gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verstößt, soweit darin die Wahlberechtigung der Auslandsdeutschen allein an einen früheren ununterbrochenen dreimonatigen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland geknüpft wird. Die Vorschrift bewirkt eine Ungleichbehandlung innerhalb der Gruppe der Auslandsdeutschen, die nicht durch einen zureichenden Grund legitimiert werden kann.

Die nach dieser Entscheidung erforderliche Neuregelung der Wahlberechtigung von Auslandsdeutschen befindet sich derzeit im Gesetzgebungsverfahren und soll in Kürze in Kraft treten.

Danach sollen Auslandsdeutsche wieder wahlberechtigt sein, sofern sie 

  1. nach Vollendung ihres 14. Lebensjahres mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurück liegt oder
  2. wenn sie aus anderen Gründen persönlich und unmittelbar mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik vertraut geworden und von ihnen betroffen sind. 

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Wie kann ein Auslandsdeutscher bei der Bundestagswahl wählen? 

Beide Varianten setzen jeweils einen Antrag auf Eintragung in ein Wählerverzeichnis voraus.

Wahlberechtigte nach Ziffer 1:

Hinsichtlich der Ausübung des Wahlrechts bleibt es für wahlberechtigte Auslandsdeutsche bei den gewohnten Abläufen: die Teilnahme an der Bundestagswahl setzt (ebenso wie für Inlandsdeutsche) grundsätzlich die Eintragung in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde im Inland voraus. Auslandsdeutsche werden hierfür auf Antrag bei der Gemeinde in das Wählerverzeichnis eingetragen, in der sie vor ihrem Fortzug zuletzt gemeldet waren, und können durch Briefwahl an Bundestagswahlen teilnehmen.

Wahlberechtigte nach Ziffer 2:

Die Teilnahme an der Bundestagswahl setzt auch bei Auslandsdeutschen, die nach Ziffer 2 wahlberechtigt sind, einen Antrag auf die Eintragung in das Wählerverzeichnis einer Gemeinde im Inland voraus. Dabei sind die Tatsachen glaubhaft zu machen, die eine persönliche und unmittelbare Vertrautheit mit und Betroffenheit von den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland belegen.

Hinsichtlich der für sie maßgeblichen Gemeinde gilt folgendes: Auslandsdeutsche, die ihr ursprünglich nach Ziffer 1 bestehendes Wahlrecht verloren haben, weil ihr Inlandsaufenthalt länger als 25 Jahre zurück liegt, behalten mit der letzten Heimatgemeinde ihren unveränderlichen Anknüpfungspunkt. Dasselbe gilt für Auslandsdeutsche, die nur vor Vollendung ihres vierzehnten Lebensjahres im Inland ansässig waren oder im Inland geboren wurden.

Bei Auslandsdeutschen, die niemals für mindestens drei Monate im Inland wohnhaft waren, ist entscheidend, an welchem Ort im Inland sich ihre Betroffenheit von den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland schwerpunktmäßig manifestiert. Erbringt zum Beispiel der Auslandsdeutsche als Grenzpendler eine Arbeitsleistung an einem Ort im Inland, ist dies der Anknüpfungspunkt für die Ausübung seines Wahlrechts. In Fällen, in denen ein solcher Ort nicht festgestellt werden kann, kommt als Anknüpfungspunkt die letzte Heimatgemeinde seiner Vorfahren in gerader Linie im heutigen Bundesgebiet in Betracht, bei mehreren der des jüngeren Fortzuges.

Auch die insoweit maßgeblichen Tatsachen sind beim Antrag des Auslandsdeutschen auf Eintragung in das Wählerverzeichnis glaubhaft zu machen.

Autor: Melanie Schmitz Legal Trainee/Rechtsreferendarin BridgehouseLaw Charlotte
Best regards
und viele Grüße aus Charlotte
Reinhard von Hennigs
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